Schon nach dem Frühstück ist klar, dass das Schweizer Abstimmungswochenende deutliche Ergebnisse bringen wird. Wir können uns den TA-Liveticker schenken und den Spaziergang ins Künstler- und Intellektuellenviertel San Telmo starten. Dort ist heute Flohmarkt. Bei kühlen Temperaturen windet und regnet es leicht. Unterwegs wenig Leute. Kurz nachdem wir die Avenida 9 de Julio auf der Calle Venezuela überquert haben (das schafft man nur spurtend in einer einzigen Grünphase), tönt's hinter uns: "Señor ... Señor". Eine junge, sportlich gekleidete Frau nähert sich lächelnd und deutet mit der Hand auf uns. "No, no, no!" So die Antwort von Margrit, während G. sich halb umdreht. M. hat die Situation richtig eingeschätzt. Was wollen die Frau und die beiden Männer, die sich von verschiedenen Seiten nähern? Unsere Reaktion ist so unmissverständlich, dass sie den Abstand nicht gefährlich unterschreiten. Wenige Meter später die Bestätigung: Die Frau macht rechtsumkehrt und geht zu den beiden Männern zurück - und es beginnt scharf zu riechen. Senf! Tatsächlich sind unsere Kleider mit einer grünlichen Sauce bekleckert. Es sieht nur aus wie Vogelscheisse. Kurz darauf steigen die drei in ein Auto und fahren zu unserer Erleichterung davon.
Wir wären Opfer eines oft angewendeten Tricks geworden: "Sie sind mit Vogelmist bespritzt... Dürfen wir Ihnen helfen, ihn abzuwischen?" (Eine weniger harmlose Variante ist uns in Salta von einem andern Schweizer Reisepaar geschildert worden. Sie seien auf einem Spaziergang in La Boca (wie San Telmo eines der 48 Viertel von Buenos Aires) am helllichten Tag von vier Männern überfallen und beraubt worden. Auf dem Polizeiposten kurz danach sei ein Franzose aufgetaucht, dem dasselbe passiert war.)
Dies ist unsere erste und hoffentlich auch einzige unliebsame Begegnung dieser Art. Gestern zum Beispiel wurden wir von einem Mann in ein längeres Gespräch verwickelt, bei dem sich am Ende herausstellte, dass er eine Spende wollte. Normalerweise aber entstehen die Kontakte spontan, sind positiv und verfolgen keinen bestimmten Zweck.
Mafalda will nichts von mir!
Weil Margrit seit einigen Tagen humpelt (Knie), kehren wir zur Mittagessenzeit in unser Viertel zurück. Unterwegs halten wir Lunchtime. Porteños sind Feinschmecker und haben Stil. Es ist ein Vergnügen zu sehen, welche Speisen rundherum gegessen werden. Was für eine Gaumenfreude!
Ein Detail zum Stil: Nach dem Bestellen bringt die Kellnerin zu den Brötchen nicht nur Sardellen, Oliven und Butter, sondern auch ein Gläschen Süsswein.
Nach dem Hauptgang - Risotto mit Coniglio - gibts Likör. Diese Aufmerksamkeiten gehören hier zum Service. Humpelnd und schwankend kehren wir heiteren Sinnes in unser Logis zurück.
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